Daniela Schlick im Interview über den Fachkräftemangel und den Aufbau von Talentpools.

Bevor wir tiefer thematisch eintauchen, würden wir uns freuen, wenn du uns etwas zu deiner Person und deinem Werdegang erzählst.

Mein Name ist Daniela Schlick, ich bin Personalberaterin, Trainer & Coach. Erfahrung  in der Personalsuche und -auswahl sammelte ich bei den Beratungsunternehmen Eblinger & Partner und strateg-it, weiters auf Unternehmerseite als Recruiterin & Karriere-Redakteurin bei Stepstone Österreich.

Seit 2008 bin ich Inhaberin der Daniela Schlick Personalconsulting mit den Geschäftsfeldern Personalberatung, Outplacement, Training und Coaching. Zusatzausbildung besitze ich als Trainerin, Bildungsmanagerin, als systemisch-potenzialorientierte Coach und zur zertifizierten Profilingvalues Partnerin.

Sicherlich hast du auch schon vom “War for Talent” gehört. Vor welche Herausforderungen werden Recruiter und Unternehmen in den kommenden Jahren gestellt?

Beinahe jedes zweite Unternehmen in Österreich spürt bereits den Fachkräftemangel. Recruiter beklagen, dass die Qualität und die Anzahl der Bewerbungen auf ausgeschriebene Stellen generell abnehmen. Ob Bürokaufleute, Facharbeiter, Salespersonen, Manager, Pflegepersonal usw. gute Mitarbeiter zu finden wird immer schwieriger.

Im Technik-Sektor setzt das Fehlen von qualifizierten Fachkräften, den österreichischen Unternehmen besonders stark zu. Händeringend sucht man nach MINT-Absolventen*. In Österreich werden ab 2020 jährlich 16.000 Leute für diesen Bereich benötigt. Time to hire dauert heute im Schnitt 55 Tage länger als geplant. Das kann für Unternehmer bis zu 40% Umsatzverlust bedeuten.

Dass sich die Lage rasch entspannt ist unwahrscheinlich. Der demografische Wandel ist längst Realität in den Unternehmen. Mehr als die Hälfte der derzeit in Beschäftigung stehenden Menschen gehen in den nächsten Jahren in Pension und müssen nachbesetzt werden. Es ist demnach mit einer weiteren Verschlimmerung der Situation zu rechnen. Der Arbeitsmarkt entwickelt sich hin zu einem „Arbeitnehmermarkt“. Mitarbeiter suchen sich aus, wo sie arbeiten wollen.

* MINT steht für die Studien Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik

Wie bereitet ihr euch auf diese Herausforderungen vor und welche Lösungsansätze implementiert ihr gegenwärtig?

Die Website als wichtiges Personalmarketing-Instrument stellt die Basis aller Recruitingaktivitäten dar. Außerdem muss heute jedes Unternehmen  dort aktiv sein, wo sich die Zielgruppe befindet. User müssen über Facebook, Google+, Xing, LinkedIn mit Unternehmensinformationen und Geschichten, Jobanzeigen oder Tipps zum Bewerben versorgt werden. Der Vorteil besteht in einem Dialog mit potenziellen Bewerbern und der Chance, die Beziehung zu der Zielgruppe zu vertiefen.

Heute gibt es unterschiedlichste Methoden potentielle Mitarbeiter zu finden. Wie sucht ihr nach Personal und welche Methode bewertest du als am erfolgreichsten?

Es kommt immer ein Mix aus Recruiting Kanälen zum Einsatz: Website, Onlinejobbörsen, Lebenslaufdatenbanken, Social Media, Empfehlungen, Ausbildungsstätten, Messen…

Die Gewichtung hat sich sehr stark in Richtung proaktive Suche verlagert. Für viele Profile ist man heute mit Direktansprache mittels Lebenslaufdatenbanken und Karrierenetzwerken am erfolgreichsten.

Was bedeutet für dich modernes Recruiting?

Die Verlagerung von Ressourcen und Budgets von anzeigengestützter Personalsuche hin zu Kandidaten-Beziehungsmanagement.  Im Akut-Fall ein Inserat zu schalten funktioniert  nicht mehr. Heute muss langfristiger gedacht werden. Den Aufbau von Kandidatenpools und das systematische Talente-Beziehungsmanagement halte ich für das moderne Recruiting für essentiell.

Natürlich ist damit ein großer Aufwand verbunden. Aber es lohnt sich mit Sicherheit einen direkten und persönlichen Kontakt zur relevanten Zielgruppe aufzubauen.

Zitat Robert Half

Welche Rolle spielt dabei Active Sourcing? / Welche Erfahrung hast du damit bereits gemacht?

Ohne Active Sourcing kein Talentepool. Als Sourcer durchsuche ich das Internet nach Talenten und identifiziere die geeigneten Personen. Erfolgsentscheidend ist neben der Kenntnis von Suchbefehlen und Techniken, die adäquate Ansprache von passenden Talenten. Seriosität, Wertschätzung und echtes Interesse an der Person sind ein MUSS, will man gute Rücklaufquoten erzielen.

Worin siehst du die Vor- und Nachteile von Active Sourcing?

Active Sourcing ermöglicht den Zugang  und das Kontakthalten zu Personen, die sich nicht aktiv bewerben. Die gründliche Recherche und die Pflege eines Talentepools bedeutet einen nicht unerheblichen Zeitaufwand. 

Was für ein technische Möglichkeit würdest du dir wünschen, um deine Arbeit zu erleichtern?

Zeitmanagement spielt im Zusammenhang mit Active Sourcing eine wichtige Rolle. Besonders in der Planung von Sourcing Projekten wäre ein technisches Hilfsmittel schön. Deswegen würde ich mir für das Sourcing ein Tool für die Selbstorganisation wünschen.

Abschließend noch eine Frage: Was macht dein Unternehmen so besonders?

Als Personalberaterin tue ich vor allem eines: Ich stelle Fragen. Mein Interesse gilt der Einzigartigkeit, den Fähigkeiten, Werten, Ideen und Vorhaben jedes einzelnen Unternehmens, jedes Kandidaten, jeder Kandidatin. Kurzum ich interessiere mich für das Wesen der Menschen und für den Geist der Unternehmen –  denn die Werte machen den Unterschied!

Der Schlüssel zur erfolgreichen Zusammenarbeit liegt in den Werten, dem Können und dem Wollen der Mitarbeiter. Jeder Mitarbeiter wird seine Einstellung in jeder Situation selbst wählen. Deswegen ist meine oberste Prämisse, diejenigen zusammen zu bringen, die Werte verbinden.