Agiles Recruiting

Vorbei sind sie, die Zeiten in denen erfolgreich neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nach dem Post-and-Pray-Verfahren gesucht wurden. Eine Stellenanzeige aufgeben und auf zahlreiche Bewerbungen toller Kandidatinnen und Kandidaten hoffen – das garantiert im „War for Talents“ schon lange keinen Vorsprung und erst recht keinen Erfolg mehr.
Und nicht nur das. Spätestens mit Beginn der Pandemie haben sich die Prozesse und die Arbeitsweisen in Unternehmen so sehr verändert, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter flexibel auf diese reagieren können müssen und andere Fähigkeiten für ihre Arbeit mitbringen müssen, als noch vor fünf oder sechs Jahren.
Als Recruiter müsst ihr euch diesen veränderten Bedingungen anpassen, um schneller und effizienter die besten Talente für euer Unternehmen zu finden. Agiles Recruiting ist eine mögliche Strategie, um auf die aktuellen Herausforderungen zu reagieren.

Agil, was ist das denn?

Der agile Ansatz kommt ursprünglich aus der Softwareentwicklung und wird inzwischen für viele verschiedenen Dimensionen des agilen Arbeitens angewandt. Seit dem Jahr 2001 gibt es das Manifesto for Agile Softare Development, das agile Manifest.
Grundsatz des agilen Ansatzes sind die vier Leitsätze im genannten Manifest:

  • Individuen und Interaktion haben Vorrang vor Prozessen und Werkzeugen
    (Fokus auf Feedback, Kommunikation, Problemlösung und Wertmaximierung)
  • Funktionsfähige Produkte sind wichtiger als Dokumentationen
    (Konkrete Arbeitsergebnisse zählen! Das Umsetzen auf Basis von Feedback/Anpassen des Produkts ist wichtiger als das Dokumentieren.)
  • Zusammenarbeit mit Kunden ist wichtiger als Vertragsverhandlung
    (Kundenbedürfnisse in den Mittelpunkt stellen und konstant mit den (Teil-)Ergebnissen abgleichen.)
  • Eingehen auf Veränderungen statt strikter Verfolgung eines Plans
    (Das Ziel steht fest, aber der Weg dahin nicht. Flexibel auf neue Anforderungen & Herausforderungen reagieren und die Entwicklung anpassen.)

Der etwas andere Recruiting-Prozess

Beim agilen Recruiting steht das Team im Mittelpunkt – sie haben das letzte Wort im Recruiting-Prozess, wenn es um die Entscheidung für oder gegen die Bewerberin oder den Bewerber geht.
Doch das Team hat gleichzeitig auch das erste Wort: Sie gestalten die Stellenausschreibung maßgeblich mit. Denn als Recruiter habt ihr weniger Einblick in die fachlichen Anforderungen für die offene Position als die Teammitglieder – sie wissen ganz genau, wen sie suchen. Hier kommt also schon der erste Leitsatz für das agile Recruiting zum Tragen: Individuen und Interaktion sind wichtiger als Prozesse und Werkzeuge. Das bedeutet, auch wenn ihr als Recruiter den Aufbau von Stellenanzeigen im Schlaf beherrscht, zählt hier stärker der fachliche Input aus dem Team.

In der Stellenbeschreibung selbst wird beim agilen Recruiting der Fokus nicht so sehr auf die Aufgabenbeschreibung gelegt. Stattdessen wird den künftigen Talenten Lust darauf gemacht, für das Unternehmen zu arbeiten. Die Ausschreibung gleicht deshalb einer Einladung, Teil des Unternehmens zu werden und sich für die Aufgabe und den Zweck des Unternehmens einzubringen und zu engagieren. Diese Herangehensweise steht in enger Verwandtschaft mit dem Purpose Driven Recruiting (siehe hierzu auch unser Blogbeitrag „Purpose Driven Recruiting“).

Das Team steht von Anfang an im Vordergrund

Nachdem die Stellenanzeige veröffentlicht wurde und ihr passende Talente auf verschiedenen Netzwerken angesprochen habt, flattern die ersten Lebensläufe ins Haus. Ihr trefft eine Vorauswahl an Kandidatinnen und Kandidaten, die dem Team zum Feedback vorgelegt wird – idealerweise über ein digitales Recruitingtool, wie z.B. den Talentpool in unserer Talentwunder[App], auf das euer Team Lese-Zugriff hat.

Mit den passenden Talenten wird nun ein erstes Gespräch vereinbart – und zwar nicht, wie im klassischen Recruiting oft üblich, mit euch oder der Geschäftsführung, sondern direkt mit dem Team oder zumindest einigen Kolleginnen und Kollegen aus dem Fachbereich, in dem die Position angesiedelt ist. Auch hier gilt im agilen Recruiting wieder: Individuen und Interaktion sind wichtiger als Prozesse und Werkzeuge. Im Erstgespräch mit dem Team können gleich Fragen geklärt werden, die eventuell für die Zusammenarbeit wichtig sind. Außerdem könnt ihr feststellen, ob die Kandidatin oder der Kandidat in euer agiles Unternehmen passen: Lust auf Entwicklung, Neugier auf Neues und der Wille zur Transparenz und zur Zusammenarbeit im Team sind hier unerlässlich.
Übrigens: haben nicht alle Leute aus eurem Team die Zeit für das Gespräch, können sich einzelne Teammitglieder z.B. auch per vorher aufgezeichnetem Video kurz vorstellen (siehe hierzu auch unser Blogbeitrag zum „Wandel in Recruitingprozessen“).

Gemeinsame Entscheidung für das neue Teammitglied

Die Entscheidung für oder gegen die Kandidatin oder den Kandidaten wird ebenfalls im Team getroffen. Die Geschäftsführung hat hier maximal ein Vetorecht, denn das Team kann am besten einschätzen, wer gut in das Team passt und die Unternehmensziele erreichen will. Auf diese Weise ist das Team übrigens auch engagiert im Onboarding-Prozess involviert, denn es möchte sicherstellen, dass sich die Kandidatin oder der Kandidat, für den das Team entschieden hat, gut ins Unternehmen und ins Team integriert.
Alles organisatorische nach der Entscheidung übernimmt dann wieder das Recruiting bzw. der HR-Bereich.

Wie läuft das Recruiting bei euch ab? Habt ihr agiles Recruiting schon einmal ausprobiert? Wir sind gespannt auf eure Erfahrungen!

Viele Grüße,
euer Talentwunder-Team