Customer Journey im Recruitingprozess
Wir haben im Sommer 2023 ein kleines Experiment gemacht. Wir haben uns einfach mal auf verschiedene offene Positionen beworben, um herauszufinden, wie Recruitingprozesse ablaufen und wo es noch Verbesserungspotenzial gibt.
Und mal ganz ehrlich: Verbesserungspotenzial gibt es noch jede Menge.
Wo es (immer noch) hakt
Die Recruitingprozesse, die wir durchlaufen haben, sind immer noch viel zu sehr nach inneren Bedürfnissen des Fachbereichs ausgerichtet und zu wenig an den Bedürfnissen der Kandidat*innen orientiert.
So ist zum Beispiel der zeitliche Aufwand beim Bewerben über das jeweilige Bewerbermanagementsystem (ATS) sehr groß. Zumal auch noch jedes Mal ein anderes System genutzt wird – je nachdem, wo man sich bewirbt. Wenn die Kandidat*innen sich dann auch noch überall registrieren müssen, bevor sie sich bewerben können, wird es schnell unübersichtlich. Hier springen dann viele Personen ab.
Wer sich durch die Registrierung gekämpft hat, kann endlich seine Unterlagen hochladen. Wenn sie denn eine bestimme Größe nicht überschreiten. Oder das System die Talente rauswirft, weil es einen Logout produziert nach einer gewissen Zeit der Inaktivität. Ganz bunt wird es, wenn man aufgefordert wird, seine Stationen des Lebenslaufs noch einmal zusätzlich per Hand einzugeben. Ganz ehrlich: Darauf hast Du auch keine Lust. Und das alles betrifft ja nur die Leute, die zu Hause vor dem Rechner sitzen, um sich zu bewerben.
Wer es über sein Mobiltelefon versucht, scheitert an nicht mobilfähigen Bewerbungsseiten oder -formularen. Oder daran, dass der aktuelle Lebenslauf eben nicht auf dem Handy oder in der Cloud dabei ist – wer dann seine Bewerbung abbricht, der kommt auch Stunden später nicht darauf zurück, wenn er vor dem heimischen Rechner sitzt.
Nun gut, vielleicht kann man ja am Telefon mit dem Recruiter sprechen und das mit dem Lebenslauf einfach später machen? Fehlanzeige – eine Telefonnummer steht oft gar nicht bei der Stellenanzeige. So verhindert man als Recruiter auch gleich, dass sich Personen melden, die Rückfragen zu den Details der Stellenausschreibung haben. Manchmal steht noch nicht einmal der Name einer Kontaktperson bei der Stelle, so dass sich Kandidat*innen mühsam über die Telefonzentrale durchfragen müssen.
Und wenn sie dann endlich jemanden an der Strippe haben, dann kann die Person leider keine Auskünfte zu den fachlichen Details der Stelle geben. Sowas wird ja auch überhaupt erst in der nächsten Gesprächsrunde mit dem Fachbereich geklärt und bis dahin ist der Bewerber oder die Bewerberin noch nicht durchgedrungen.
Die Menschen, die trotz aller Widrigkeiten ihre Unterlagen zur Bewerbung eingereicht haben, hören erstmal eine Woche lang nichts. Weder, ob die Unterlagen eingegangen sind, noch ob sie jemand sichtet und erst recht nicht, wie lange der Prozess dauern wird oder welche Schritte noch zu erwarten sind.
Na? Bist Du auch schon total frustriert beim Lesen?
Ja, wir auch. Deshalb kommt jetzt der gute Teil zum Aufrichten:
Wie wir es besser machen müssen
Eine Bewerbung bei Dir muss so einfach wie nur möglich sein. Ein Anruf, eine E-Mail reicht oft schon als Einstieg. Und wenn noch kein Lebenslauf anhängt, weil die Person gerade in der Bahn sitzt und dort eure Anzeige gesehen hat – kein Problem! Der kann gern nachgereicht werden. Zur Not schickst Du einfach eine E-Mail, in der Du Dein Interesse bekundest und um weitere Unterlagen bittest.
Deine Kontaktdaten (Telefon, E-Mail) gehören zu jeder Stellenanzeige. Du bist Recruiter*in, vernetzen ist Dein Beruf und ein guter Talentpool erleichtert Dir auf Dauer die Arbeit. Also sei erreichbar für die Kandidat*innen.
Kommuniziere transparent über den gesamten Prozess hinweg und binde die Kandidat*innen so bereits an Dein Unternehmen. „Danke für Deine Bewerbung – ich melde mich innerhalb von 24 Stunden bei Dir.“ Oder „Deine Unterlagen schaue ich mir morgen an und melde mich im Anschluss bei Dir.“ Solche Nachrichten lassen sich auch automatisieren.
Wenn Dein Unternehmen ein ATS nutzt, über das sich Kandidat*innen bewerben: Lässt es sich schlanker machen? Können unnötige Prozessschritte entfernt werden? Wie viele Klicks brauchen Bewerber*innen, bis sie Unterlagen bei Dir eingereicht haben? Kann man sich als Gast bewerben, so dass die Registrierung in eurem System freiwillig (z.B. am Ende des Prozesses) erfolgen kann?
Betrachte Dich als Sales Manager gegenüber den Talenten und sieh sie als Kunden an. Sie sind eine Zielgruppe, der Dein Unternehmen schmackhaft gemacht werden muss – genau wie ein Produkt. Hast Du einen Pitch, eine kurze Rede, in der Du Dein Unternehmen vorstellen kannst? Warum sollte jemand ausgerechnet bei euch arbeiten? Welche Benefits gibt es? Usw.
Fazit
Werde schneller, werde flexibler und passe Dich an die Anforderungen der Bewerber*innen an, nicht umgekehrt. Beantworte Anfragen innerhalb von 24 Stunden und halte einen Unternehmenspitch bereit mit den wichtigsten Botschaften, die ihr als Arbeitgeber habt. Sei flexibel, was Lebensläufe angeht – selbst wenn jemand nicht zu 100% auf eine Stelle passt, erfrage die Hintergründe von Kandidat*innen. Oft liegen bei Quereinsteigern die größten Potenziale. Und bitte bitte: nur ein ganz kleines bisschen ATS.
Dein Talentwunder-Team
P.S.: Falls Du mehr darüber erfahren möchtest, wie Du Dein Recruiting an die Bedürfnisse der Bewerbenden anpassen kannst, schau Dir doch einmal unsere Active Sourcing Masterclass an!