Studie: HR-Digitalisierung in kleinen Schritten
Die digitale Transformation von Unternehmen ist ein ständiges Gesprächsthema. Unternehmen aller Branchen streben danach, Innovationen als Wettbewerbsvorteil zu nutzen. Während jedoch viele Unternehmensbereiche wie Marketing oder Sales die Einführung digitaler Technologien beschleunigt haben, ist die Personalabteilung bei der vollen Ausschöpfung ihres Potenzials zur HR-Digitalisierung noch im Rückstand.
Eine Benchmarking-Studie der Universität Mannheim und der Hochschule RheinMain, die vom Personalmagazin unterstützt wird, beleuchtet im November 2024 den aktuellen Stand der HR-Digitalisierung. Durch die Befragung von 145 Unternehmen aus verschiedenen Branchen und in unterschiedlichen Größenordnungen untersucht die Studie die Fortschritte, die Herausforderungen und die ungenutzten Chancen der digitalen Entwicklung im Personalwesen. Die Ergebnisse zeigen eine Landschaft mit ungleichmäßigen Fortschritten, bedeutenden Hindernissen und vielversprechenden Trends, die die Zukunft des Personalwesens prägen könnten (siehe auch unser Artikel zu den Recruiting Trends 20205).
1. Die Bedeutung der digitalen Transformation im Personalwesen
Im Zeitalter des rasanten technologischen Fortschritts erkennen der Studie zufolge fast alle teilnehmenden Unternehmen den Wert der Digitalisierung für die Personalabteilung. Über 86 % stuften ihre Relevanz als „hoch“ oder „sehr hoch“ ein. Darin spiegelt sich ein wachsender Konsens darüber wider, dass digitale Technologien für die Erreichung von HR-Zielen, wie z. B. die Rationalisierung von Prozessen, die Steigerung der Effizienz und die Verbesserung der Dienstleistungserbringung, unerlässlich sind.
Interessanterweise hat die wahrgenommene Bedeutung der HR-Digitalisierung nun auch kleinere Unternehmen erreicht. Während größere Organisationen in der Vergangenheit den Weg geebnet haben, hat sich der Abstand zu ihnen verringert, da kleinere Unternehmen der digitalen Transformation zunehmend Priorität einräumen.
2. Die Kluft zwischen Bewusstsein und Strategie
Trotz des breiten Bewusstseins bleibt die strategische Umsetzung von Digitalisierung eine große Herausforderung: Nur 41 % der Befragten gaben an, eine definierte HR-Digitalisierungsstrategie zu haben. Dieser Mangel an strategischer Ausrichtung schränkt die Fähigkeit der Unternehmen ein, digitale Tools effektiv zu nutzen.
Bei den Unternehmen, die über eine Strategie verfügen, variiert die Abstimmung mit den umfassenderen Digitalisierungsstrategien des Unternehmens. Bei größeren Unternehmen war die Wahrscheinlichkeit größer, dass sie ihre Personal- und Unternehmensstrategien aufeinander abstimmten, während kleinere Fir-men zwar Fortschritte machten, aber weiterhin hinterherhinkten. Unternehmen mit klar definierten Strategien meldeten auch höhere Erfolgsquoten bei der Erreichung ihrer HR-Ziele.
3. Zentrale Ziele der Digitalisierung
In der Studie wurden mehrere Hauptziele identifiziert, die die digitale Transformation im Personalwesen vorantreiben:
- Effizienz und Automatisierung: 87 % der Befragten gaben der Prozesseffizienz durch Automatisierung den Vorrang und machten sie damit zum wichtigsten Ziel.
- Benutzerfreundliche Dienstleistungen: Die Bereitstellung einfacher, benutzerfreundlicher HR-Dienste war ebenso wichtig, was darauf hindeutet, dass der Schwerpunkt auf der Verbesserung der Erfahrungen der Mitarbeitenden liegt.
- Agilität und Anpassungsfähigkeit: Die Flexibilität bei der Anpassung an neue Herausforderungen wurde von zwei Dritteln der Befragten als wichtiges Ziel genannt.
- Datengestützte Entscheidungsfindung: Die Nutzung von Datenanalysen für eine fundierte Entscheidungsfindung war ein weiteres wichtiges Ziel, insbesondere für größere Unternehmen.
Interessant ist, dass viele Unternehmen zwar bestrebt sind, ihre HR-Dienstleistungen zu erweitern und skalierbare Lösungen einzuführen, dass aber transformative Ziele wie die völlige Neugestaltung von HR-Prozessen oder die komplette Umstrukturierung von HR-Funktionen nach wie vor untergeordnet sind.
4. Eingesetzte Technologien
Mehrere Technologien sind im Personalwesen inzwischen zum Standard geworden:
- Digitale Personalakten: Diese Akten werden von 73 % der Unternehmen eingeführt und sind damit führend in der digitalen Nutzung.
- Cloud-Lösungen: Mit einer Einführungsrate von 70 % spielen Cloud-Plattformen eine entscheidende Rolle bei der Bereitstellung skalierbarer und flexibler HR-Dienste.
- Self-Service-Apps: Diese Apps, die von 63 % der Unternehmen genutzt werden, ermöglichen es Mitarbeiter:innen und Manager:innen, Routineaufgaben im Personalwesen eigenständig zu erledigen.
Die Studie zeigte jedoch auch Lücken bei der Einführung fortschrittlicher Tools auf:
- Künstliche Intelligenz (KI): Trotz des beträchtlichen Potenzials setzen nur 40 % der Befragten KI in der Personalabteilung ein, und das oft nur in rudimentärer Form. Dies unterstreicht die Notwendigkeit eines besseren Verständnisses und einer besseren Umsetzung.
- Datenanalyse-Tools: Diese werden trotz ihrer Bedeutung für die Entscheidungsfindung noch nicht ausreichend genutzt.
5. Herausforderungen bei der Einführung
Einige Technologien wie Blockchain (4 %), virtuelle und erweiterte Realität (8 %) und IoT (Internet der Dinge) (9 %) werden nur in begrenztem Umfang eingesetzt. Diese Instrumente werden entweder als ex-perimentell oder als irrelevant für den HR-Kontext angesehen, obwohl ihr Potenzial noch nicht voll aus-geschöpft wurde.
Die Studie stellte auch einen Rückgang bei der Nutzung externer Social-Media-Plattformen für HR-Zwecke fest, was auf die veränderten Prioritäten der Unternehmen nach der Pandemie zurückzuführen ist.
6. Wo Digitalisierung oft eingesetzt wird und wo weniger häufig
Recruiting und Personalmanagement sind die am stärksten digitalisierten HR-Funktionen, mit Bewertungen von 3,3 bzw. 3,4 von 5. Diese Bereiche profitieren von ausgereiften Tools wie Bewerberverfolgungssystemen und digitalen Personalakten.
Doch selbst in diesen „führenden“ Bereichen gibt es noch Raum für Verbesserungen. Während beispielsweise Videointerviews weit verbreitet sind, werden andere innovative Technologien wie das fortschrittliche KI-gestützte Bewerbermatching noch nicht ausreichend genutzt.
Die strategische Personalplanung (2,4) und das Leistungsmanagement (2,7) weisen den geringsten Digitalisierungsgrad auf. Dies ist besorgniserregend, wenn man bedenkt, dass die Entwicklung von Fähigkeiten und die Umschulung angesichts der technologischen Disruption immer wichtiger werden.
7. Warum der Fortschritt der HR-Digitalisierung behindert wird
Die wichtigsten Hindernisse sind:
- Personalmangel: Über 73 % der Befragten gaben an, dass nicht genügend Personal für digitale Initiativen zur Verfügung steht.
- Zeitliche Beschränkungen: Da die HR-Teams mehrere Aufgaben zu bewältigen haben, ist es schwierig, Zeit für digitale Projekte zu finden.
Das Fehlen klar definierter Ziele (3,5/5) und eine unzureichende strategische Prioritätensetzung (3,3/5) verschärfen das Problem weiter. Darüber hinaus behindern veränderungsresistente Organisationskulturen und ein übermäßiger Rückgriff auf traditionelle Methoden den Fortschritt.
Vielen Unternehmen fehlt es außerdem an den notwendigen Messgrößen, um den digitalen Erfolg zu messen und auszuwerten. Fortschrittliche KPIs zur Bewertung der Auswirkungen digitaler Tools werden nur selten verwendet. Auch wenn sich die Dateninfrastruktur verbessert hat, sind qualifizierte Datenanalysten im Personalwesen nach wie vor nur begrenzt verfügbar.
Fazit
Die Benchmarking-Studie 2024 zeichnet ein komplexes Bild der HR-Digitalisierung. Zwar gibt es deutliche Anzeichen für Fortschritte, insbesondere bei der Einführung grundlegender Technologien, doch der Weg zu einer umfassenden digitalen Transformation ist noch nicht abgeschlossen. Schlüsselbereiche wie strategische Personalplanung, datengesteuerte Entscheidungsfindung und fortschrittliche KI erfordern dringende Aufmerksamkeit. KI zum Beispiel hat das Potenzial, das Personalwesen zu revolutionieren – von vorausschauenden Analysen bis hin zu personalisierten Mitarbeitererfahrungen. Die Einführung ist jedoch noch im Entstehen begriffen. Die Unternehmen, die KI einsetzen, konzentrieren sich in erster Linie auf die Automatisierung von Verwaltungsaufgaben und die Bereitstellung von Entscheidungshilfen.
Damit die Personalabteilung ihr Potenzial als strategischer Partner im digitalen Zeitalter ausschöpfen kann, müssen Unternehmen zukünftig:
- klare und abgestimmte Strategien priorisieren.
- in Ressourcen und Schulungen investieren.
- Innovation über inkrementelle Verbesserungen hinaus begrüßen.
Die Studie kann sowohl als Spiegel der aktuellen Realitäten dienen als auch als Fahrplan für zukünftige Fortschritte: Mit Blick auf den Horizont müssen Personalverantwortliche zukünftig ihren Fokus von der bloßen Optimierung auf einen transformativen Wandel verlagern.
Dein Talentwunder-Team
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