New Work und Recruiting

Es gibt einen umfassenden Paradigmenwechsel in der Arbeitswelt und das nicht erst seit Ausbruch der Corona-Pandemie vor zwei Jahren. Zunehmende Globalisierung und Digitalisierung beschleunigen die Veränderungen noch weiter. Statt klassischer Lohnarbeit mit strikten Vorgaben vom Arbeitgeber wünschen sich heutige Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Selbstverwirklichung in ihrem Job und die Möglichkeit, ihre Potenziale zu entfalten. Sie möchten nach dem Prinzip von „New Work“ arbeiten. Das zieht Veränderungen in Unternehmen und im Recruiting nach sich.

Was ist das überhaupt, dieses New Work?

New Work ist eine Kultur, nach der in einem Unternehmen gearbeitet wird. Dabei steht die Sinnfrage im Vordergrund jeder Tätigkeit und die Angestellten arbeiten nach Werten, die nicht länger an harte Faktoren wie Einkommen oder Titel gekoppelt sind. Stattdessen stehen weiche Faktoren im Vordergrund, wie flexiblere Arbeit, mehr Freiheiten und Entscheidungsmöglichkeiten, mehr persönliche Entwicklungsmöglichkeiten und mehr Eigenverantwortung. Zusammengefasst kann jede und jeder im Unternehmen arbeiten, was sie oder er wirklich kann und möchte.

Damit das möglich ist, muss es eine andere Form der Führung im Unternehmen geben als noch vor 20 oder 30 Jahren. Diese Form von New Leadership ist gekennzeichnet von einer Vertrauens- und Fehlerkultur, in der Arbeitnehmende selbstständig Verantwortung übernehmen und Dinge entscheiden – aber auch Fehler machen können, über die offen kommuniziert und aus denen gelernt wird. Im Rahmen von New Work verschwimmen die Grenzen von Leben und Arbeiten und es wird eine agilere, adaptivere Unternehmenskultur gelebt, was gegenüber Wettbewerbern im Markt Vorteile bringt.

Wie arbeitet man bei New Work?

Viele Arbeitsformen von New Work werden heute bereits in Unternehmen eingesetzt und sind spätestens seit Beginn der Pandemie kein Neuland mehr. Dazu gehören Home Office, Remote Work und mobiles Arbeiten. Übrigens: Mehr als 70% Prozent der Befragten einer Studie aus dem August 2021 suchen gezielt nach Remote Arbeit, wenn sie einen neuen Job suchen; ein Faktor den Recruiter bei der Ausschreibung von Positionen beachten sollten.
Zu New Work zählen Mittel, wie Coworking-Spaces, der Einsatz von Desk-Sharing statt fester Arbeitsplätze, das Anbieten von Sabbaticals, flexible Arbeitszeiten oder Gleitzeit. Auch die Experimente „4-Tage-Woche“ oder grenzenloser Urlaub zählen zu New Work. Außerdem gibt es bei New Work keine vertikale Trennung von Teams mehr. Stattdessen gibt es gemischte Teams bzw. fachlich begründete Zusammenarbeit auf Projektbasis, die eine bessere Kollaboration hervorbringt als in klassischen, hierarchisch organisierten Teams.

Als Recruiter solltet ihr euch an dieser Stelle schon ein paar Stichpunkte notiert haben. Kickertisch und Obstkorb zählen nämlich nicht zu New Work und sollten neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auch nicht mehr als „Mehrwert“ angeboten werden.

Was braucht es in einem modernen Unternehmen, um New Work einzuführen?

Nun, zunächst den Wunsch, die berufliche Entwicklung und persönliche Entfaltung der Angestellten miteinander zu kombinieren. Außerdem braucht es das Bewusstsein, dass beides nicht im Gegensatz zueinander steht, sondern einander positiv beeinflussen kann.
Ansonsten braucht ihr die entsprechende IT-Infrastruktur und IT-Sicherheitsregeln, die von den Angestellten beachtet werden (wie z.B. im privaten WLAN nur über VPN zu arbeiten). Bedenken solltet ihr auch, dass Remote Work oder Home Office technische Qualifikation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter benötigt, was für ältere Generationen eine Herausforderung darstellen kann. Außerdem erfordern beide Arbeitsformen gute persönliche Organisationsfähigkeit und Zeitplanung. Für die Einführung von New Work in eurem Unternehmen benötigt ihr außerdem smarte Bürokonzepte, agile Arbeitsmethoden und einen entsprechenden Führungsstil.

Gibt es Nachteile?

Um New Work in eurem Unternehmen erfolgreich umzusetzen, ist ein Umdenken aller wichtig – wie oben beschrieben, ist New Work eine Form der Unternehmenskultur. Dies von heute auf morgen und mit allen Mitarbeitenden einzuführen, ist wahrscheinlich nicht möglich. Stattdessen solltet ihr von einem längerfristigen Prozess ausgehen. Diejenigen, die von der Transformation zu New Work nicht überzeugt sind, werden euer Unternehmen sehr wahrscheinlich auf absehbare Zeit verlassen.
Auch die bereits genannten Fähigkeiten zu Zeit- und Selbstmanagement bei der mobilen Arbeit erfordern ggfs. bei einigen Mitarbeitenden eine gewisse Gewöhnungszeit. Zudem sind die technischen und arbeitsrechtlichen Mindeststandards, die es bei mobiler Arbeit einzuhalten gilt, aufwendig und datenschutzrechtliche Richtlinien müssen bei dieser Arbeitsweise natürlich auch beachtet werden. Nicht zuletzt gibt es diverse Schwierigkeiten, die auftreten können durch z.B. die fehlende räumliche Trennung von Arbeit und Privatleben beim Home Office oder nicht existierende feste Arbeitsplätze im Büro. Das Zugehörigkeitsgefühl der Mitarbeitenden zum Unternehmen muss bei New Work über andere Wege geschaffen werden als die klassisch bekannten.

Und was sind die Vorteile?

Durch die gemischten Teams werden die abteilungsübergreifende Zusammenarbeit der Mitarbeitenden und das Netzwerken untereinander gefördert; der Zusammenhalt aller im Unternehmen wird gestärkt. Es entstehen innovative Ideen; es gibt eine höhere Kreativität und Produktivität. Durch Home Office und Remote Work haben viele Arbeitnehmer eine bessere Work-Life-Balance und eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Außerdem entfallen lange Anfahrtswege ins Büro.
New Work führt auch zu der interessanten Situation, dass es nun für Unternehmen möglich ist, für bestimmte Positionen weltweit Talente zu rekrutieren, da diese ortsungebunden arbeiten können. Als Arbeitgeber können Kosten für Büromiete, -strom und -energie eingespart werden.
Nicht zuletzt entsteht durch New Work eine zusätzliche Motivation bei den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern durch die größere Entscheidungsfreiheit und die flachen Hierarchien.

Für das Recruiting ist wichtig, all diese Vorteile in den Vordergrund zu stellen und transparent über die Entwicklungsmöglichkeiten aber auch die Anforderungen im Unternehmen zu kommunizieren. Hierbei hilft ein gutes Employer Branding (siehe auch unser Blogbeitrag hierzu).