Persönlichkeitstests im Recruiting
Du hast eigentlich alles richtig gemacht: Deine Karriereseite ansprechend gestaltet, eure offenen Positionen auf verschiedenen Stellenportalen geteilt, aktiv nach den passenden Talenten gesourct und sie auch angeschrieben, sie durch die verschiedenen Gesprächsrunden eures Recruitingprozesses begleitet und sie schlussendlich eingestellt.
Und nun das: Nach wenigen Monaten stellt sich heraus, dass es menschlich nicht passt und die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter verlässt Dein Unternehmen wieder. Der ganze Aufwand umsonst!
So eine Situation möchtest Du als Recruiter*in natürlich vermeiden. Aber wie lässt sich am besten herausfinden, ob die Persönlichkeit der Kandidatin oder des Kandidaten zur ausgeschriebenen Stelle und zum Team passt? Mit der Standardfrage „Beschreiben Sie sich selbst. Was sind Ihre Stärken und Schwächen?“ lässt sich ein gutes „Match“ nur begrenzt erkennen. Und wenn einige Menschen sich in Gesprächssituationen ganz anders darstellen, als sie wirklich sind, um den Wunschjob mit höherer Wahrscheinlichkeit zu erhalten, dann brauchst Du vielleicht eine andere, standardisierte Lösung, als eure bisherigen Gesprächsrunden.
Eine Möglichkeit sind Persönlichkeitstests.
Pro und Contra
Persönlichkeitstests sind eine gute Möglichkeit, um eine fundierte, standardisierte Datenbasis zu erhalten. Damit lassen sich die Bewerbenden leichter miteinander vergleichen. Du erhältst mit den Testergebnissen eine übersichtliche Darstellung der für Dich wichtigen Informationen, so dass Du die Kandidat*innen besser bzw. auf einer anderen Ebene kennenlernen kannst, als im Gespräch. Und außerdem lassen sich die Ergebnisse des Persönlichkeitstests wieder verwenden, wenn die Bewerbenden abgelehnt werden, sich aber zu späterer Zeit auf eine andere Position erneut bewerben. Nicht zuletzt werden Persönlichkeitstests auch bei Mitarbeitenden eingesetzt, um deren Entwicklung zu beurteilen – anhand der Ergebnisse können Veränderungen leichter überprüft werden.
Was Du beim Einsatz solcher Tests bedenken solltest, ist, dass sie Deine Time-to-Hire verlängern und ein gewisses Commitment von den Kandidat*innen verlangen. Denn das Ausfüllen und Auswerten der Tests braucht Zeit. Eventuell werden Talente, die für Dein Unternehmen wertvoll sein könnten, auch von solchen Tests abgeschreckt und landen demnach nicht in der engeren Auswahl. Im Gegenzug zeigt sich hier aber auch, dass der Einsatz solcher Tests vor allem dann sinnvoll sein kann, wenn es um die Besetzung von Positionen geht, die ohnehin eine längere Time-to-Hire haben und für die ein hohes Commitment notwendig ist. Das sind meist anspruchsvolle und komplexe Stellenprofile, wie z.B. für das mittlere und höhere Management.
Du musst Dir außerdem vor dem Einsatz eines solchen Tests klar machen, welche Ergebnisse, Werte oder Aussagen für Dich wichtig sind: Zunächst, um zu entscheiden, ob Du bei den Tests eher nach Verhaltensweisen oder nach Menschentypen suchst und dann, um zu entscheiden, welchen der vielen möglichen Tests Du einsetzen möchtest. Ein bestimmtes Testergebnis sagt nicht unbedingt etwas über einen guten „cultural fit“ für Dein Unternehmen aus.
Nicht vergessen solltest Du auch, dass Tests bzw. ihre Ergebnisse nicht immer aussagekräftig sind und durchaus auch wissenschaftliche Mängel haben können – deshalb solltest Du Persönlichkeitstests auch nie als alleinige Maßnahme einsetzen, um Dich für oder gegen Kandidat*innen zu entscheiden.
Welche Tests gibt es?
Du suchst nach einem Test, der die Persönlichkeit der Bewerbenden möglichst gut abbildet und hier hast Du nun die Qual der Wahl. Denn welche Tests hierfür in Frage kommen, daran scheiden sich noch immer die Geister. Als Indikator für einen „guten“ Test lässt sich am ehesten seine Wissenschaftlichkeit heranziehen. Und mit diesem Filter wird die Auswahl dann doch recht übersichtlich.
Am häufigsten angewendet wird das Big-Five-Modell/Fünf-Faktoren-Modell oder auch OCEAN-Modell. Im Rahmen dieses Tests werden fünf Eigenschaften und ihre Ausprägung erfasst: Offenheit für Erfahrungen, Gewissenhaftigkeit, Extraversion, Verträglichkeit und Emotionale Stabilität (siehe Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Big_Five_(Psychologie)).
Oft wird auch das Bochumer Inventar zur berufsbezogenen Persönlichkeitsbeschreibung (BIP) genutzt. In dem Fragebogen werden 17 berufsbezogene Aspekte einer Persönlichkeit erfasst (siehe auch Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Bochumer_Inventar_zur_berufsbezogenen_Pers%C3%B6nlichkeitsbeschreibung).
Erwähnenswert ist auch die Golden Profiler of Personality-Persönlichkeitsanalyse (GPOP), die Wahrnehmungs- und Urteilspräferenzen misst. Mit Hilfe von 121 Fragen verhilft die Analyse zu einem besseren Verständnis von Persönlichkeitstypen (siehe Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Golden_Profiler_of_Personality).
Fazit
Persönlichkeitstests sind eine Basis für eine Ersteinschätzung von Kandidatinnen oder Kandidaten, die sich bei Deinem Unternehmen beworben haben. Die Eindrücke durch den Test sollten allerdings stets auch persönlich überprüft werden. Die Ergebnisse des Tests tragen zum besseren Verständnis des Bewerbenden bei. Sie liefern Dir keine alleinstehenden, evidenten Fakten und sollten im Auswahlverfahren nur ein Teilergebnis sein. Gewisse Kompetenzen lassen sich mit Persönlichkeitstests einfach nicht erfassen (z.B. Planungsfähigkeit oder soziale Kompetenzen).
Bedenke, dass die Ergebnisse der Tests immer auf der Selbsteinschätzung der Kandidat*innen beruhen und es schwierig ist, diese in eine Soll-Schablone oder Wunsch-Persona zu pressen, die Du (oder das Fachteam) vorgeben.
Nutze immer wissenschaftlich valide Tests und probiere sie vor dem Einsatz in Deinem Recruitingprozess selbst aus. So gelingt Dir eine bessere Einschätzung zu Umfang und Dauer des Tests sowie zur Glaubwürdigkeit der Ergebnisse.
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