Ein Experiment für New Work

Weniger arbeiten, genauso viel verdienen oder einfach die 40 Wochenstunden auf vier Tage verteilen anstatt auf fünf?
Die 4-Tage-Woche und ihre Gestaltung werden inzwischen nicht nur in Deutschland heiß diskutiert. Versuche in verschiedenen Ländern haben gezeigt, dass eine 4-Tage-Woche bei gleicher oder auch steigender Produktivität das Wohlbefinden der Angestellten deutlich steigern kann (siehe das größte weltweite Pilotprojekt zum Thema). In Deutschland fordert die IG Metall zum Beispiel für die Stahlbranche zur Tarifrunde im November 2023 eine 4-Tage-Woche bei vollem Lohnausgleich. Außerdem wird das Modell der 4-Tage-Woche hierzulande derzeit genauer untersucht und interessierte Unternehmen, die an dieser Untersuchung teilnehmen wollen, können sich noch bis zum 30. November 2023 dafür anmelden: Experiment 4-Tage-Woche. Die Ergebnisse des Experiments werden voraussichtlich im Oktober 2024 veröffentlicht.

Doch jetzt mal Butter bei die Fische: Wie kann eine 4-Tage-Woche aussehen und wer profitiert jeweils davon?

Modelle für eine 4-Tage-Woche

Eine Variante ist die Beibehaltung von 40 Arbeitsstunden pro Woche, wobei die Arbeit allerdings auf vier Tage verteilt wird anstatt auf fünf. Das bedeutet, dass an vier Tagen in der Woche jeweils 10 Stunden gearbeitet werden und der fünfte Tag ist zusätzlich zum Wochenende frei.
Variante zwei ist eine Reduktion der Arbeitsstunden von 40 auf 32 pro Woche mit entsprechender Absenkung des Lohns. Die dritte – und bei Arbeitnehmer*innen beliebteste – Möglichkeit ist eine Reduktion der Stundenzahl von 40 auf 32 pro Woche bei gleichbleibendem Lohn.

Welcher Tag nun jeweils frei ist, legen die Unternehmen selbst fest. Je nach Auftragslage oder Arbeitseinteilung gibt es Regelungen, in denen der Freitag oder der Montag der dritte freie Tag in der Woche ist. Aber es gibt auch Regelungen, in denen den Mitarbeitenden in Abstimmung mit ihrem Arbeitgebenden selbst überlassen ist, welchen Tag sie zusätzlich frei nehmen wollen.

Vorteile

Die Vorteile eines zusätzlichen freien Tages haben sich in den durchgeführten Experimenten – vor allem zum Modell mit weniger Stunden bei vollem Lohnausgleich – durch die Bank weg gezeigt: Die Angestellten waren motivierter, die Zahl der Krankentage ist gesunken und die Produktivität blieb gleich oder ist sogar gestiegen. Kein Wunder: Mit drei freien Tagen am Stück ist der Erholungseffekt größer als mit nur zwei Tagen am Wochenende. Die an einer 4-Tage-Woche teilnehmenden Menschen berichteten zum Beispiel von weniger Stress und weniger Schlafproblemen.

Der zusätzliche freie Tag kann außerdem für Freunde & Familie, Organisatorisches, wie Termine beim Arzt oder Behördengänge genutzt werden. Für Pendler bedeutet die 4-Tage-Woche noch dazu weniger Fahrzeit.
Außerdem wurde nach den Experimenten berichtet, dass sich die Anzahl der Bewerbungen erhöht hat, nachdem die 4-Tage-Woche als Benefit auf der Karriereseite des Unternehmens oder in den eigenen Stellenanzeigen genannt wurde.

Nachteile

Vor allem das Modell, bei dem die 40 Arbeitsstunden beibehalten wurden und schlichtweg auf 4 Tage verteilt wurden, hat einige Nachteile gezeigt. Denn je länger die Arbeitszeit ist, desto geringer ist die Produktivität und desto höher ist auch das Unfallrisiko: Die Weltgesundheitsorganisation hat einen deutlichen Zusammenhang zwischen langen Arbeitsstunden und Herzerkrankungen sowie Schlaganfällen festgestellt (siehe WHO).

Wichtig außerdem: Der Urlaubsanspruch wird auf Basis der Arbeitstage berechnet und nicht auf Basis der Arbeitsstunden. Bei einer 4-Tage Woche reduziert sich also die Zahl der Urlaubstage. Gesetzliche Mindestregelung sind in Deutschland und in der Schweiz bei einer 5-Tage-Woche 20 Urlaubstage pro Jahr – bei einer 4-Tage-Woche reduziert sich der gesetzliche Mindestanspruch dann auf 16 Urlaubstage pro Jahr. In Österreich besteht bei einer 5-Tage-Woche ein Anspruch auf 25 Urlaubstage pro Jahr, der sich bei einer 4-Tage-Woche auf 20 Urlaubstage reduziert.

Nicht zuletzt wird noch darüber diskutiert, welche Auswirkungen eine 4-Tage-Woche gesamtwirtschaftlich haben kann. Denn gerade beim beliebtesten Modell – weniger Arbeitszeit, voller Lohnausgleich – ist fraglich, ob die gesteigerte Produktivität das Minus an Arbeitszeit ausgleichen kann. Und beim Modell mit reduziertem Lohn stellt sich außerdem die Frage der sinkenden Rentenansprüche.

Fazit

Die 4-Tage-Woche wurde noch in keinem Land flächendeckend eingeführt, wird aber überall stark diskutiert und getestet. Vorteile, wie höhere Produktivität und niedrigerer Krankenstand bei besserer Motivation und Zufriedenheit, lassen sich vor allem im Modell mit weniger Stunden bei vollem Lohnausgleich feststellen. Ob und wie Unternehmen die einzelnen Modelle in Deutschland umsetzen sollten, wird derzeit getestet. Einige Vorreiter haben die Tests schon durchgeführt und sind – je nach Ausgang des Tests – auf eine 4-Tage-Woche gewechselt. Nicht zuletzt kann sie als ein Benefit zur Mitarbeitergewinnung eingesetzt werden – ggfs. ist sie sogar ein besserer Benefit als unbegrenzter Urlaub.

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